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Erfolg auf Youtube: Mr. Wissen2Go

Mirko Drotschmann ist Mr. Wissen2Go. Was einmal als Schülerprojekt begann, gilt heute als erfolgreichster deutscher Wissenskanal auf YouTube. Im Gespräch mit dem ELearning Report äußert sich Mirko Drotschmann offen über seinen Werdegang zum Kult-Online-Geschichtslehrer, gibt Ratschläge zum sinnvollen Einsatz von YouTube im Schulunterricht und verrät Tipps, wie Anfänger mit wenig Geld einen eigenen Kanal mit Lernvideos auf YouTube gründen können.

Wie sind Sie dazu gekommen, einen YouTube-Kanal zu starten?

YouTube fand ich als Plattform schon lange interessant. Ich habe im Rahmen meines Studiums eine kleine Forschungsarbeit zum Thema Do-It-Yourself bei YouTube durchgeführt und habe dann über meine Frau so im Jahr 2009/2010 erfahren, dass man auch selbst Inhalte bei YouTube erstellen kann und das als Otto Normalverbraucher. Ab diesem Zeitpunkt war ich elektrisiert und dachte: “Das würde ich auch gerne machen.” Aber es hat eine ganze Weile gebraucht, bis ich den Bereich gefunden habe, der zu mir passt. Denn es war mir klar, wenn ich dort was mache, dann muss es auch etwas sein, hinter dem ich zu 100% stehen kann und das ich gerne mache. Nachdem ich mit meinem Schwager auf eine Geschichtsklausur gelernt habe, die er damals für das Abi schreiben musste, hat es bei mir klick gemacht und ich dachte: “Mensch, historische Themen erklären könntest du auch bei YouTube.” Und dann habe ich damit angefangen.

Ab wann konnten Sie von Ihrem Youtube-Kanal leben?

Ich habe YouTube die ersten fünf Jahre komplett auf eigene Faust gemacht, ehrenamtlich könnte man fast sagen. Es gab zwar ein bisschen Einnahmen über die Werbebeteiligung, aber das war, gemessen an dem Arbeitsaufwand, sehr gering. Seitdem mein Kanal öffentlich-rechtlich und Teil des Funknetzwerkes von ARD und ZDF ist, bekomme ich die Produktion zumindest refinanziert, kann Leute bezahlen, die den Schnitt, Grafiken und Animationen für mich machen und seitdem ist dieser Kanal kein Verlustgeschäft mehr. Seit der Zugehörigkeit zu Funk steht er auf finanziell sicheren Beinen.

Gibt es ein Ereignis/einen Meilenstein, der für Ihren Durchbruch als EduTuber maßgeblich war?

Ehrlich gesagt, gab es nicht den einen Durchbruch, sondern es hat sich kontinuierlich entwickelt. Nach ein bisschen mehr als zwei Jahren hatte ich 100.000 Abonnenten und ab dann ist das Wachstum doch ein wenig schneller gegangen. Es gab immer wieder Momente, die als Beschleuniger gewirkt haben. Als ich dann den Inhalt ein bisschen mehr hin zum aktuellen Geschehen verlagert habe, sind es immer die aktuellen Ereignisse gewesen, zu denen ich Videos gemacht habe. Die als kleiner Boost gewirkt haben, ob es die Eurokrise oder, viel später, die Pandemie oder der Ukraine-Krieg war. Solche traurigen und tragischen Ereignisse haben den Zuwachs an Abonnenten beschleunigt. Allerdings waren es immer Anlässe, über die ich mich, ehrlich gesprochen, nicht freuen konnte. Obwohl es schön ist, mehr Reichweite zu haben, waren die Ursachen dafür natürlich nicht erfreulich.

Welches Equipment benutzen Sie gegenwärtig zur Produktion Ihrer Videos? Welches Equipment würden Sie für Anfänger mit kleinem Budget empfehlen?

Ich arbeite mit einer Spiegelreflexkamera von Sony Alpha, habe eine grüne Wand im Keller, habe ein kabelloses Mikrofon von Sennheiser und ein bisschen Beleuchtung, vor allem ein Ringlicht, das vor der Kamera steht. Damit komme ich für meine Zwecke gut zurecht. Ich würde aber empfehlen, wenn man startet und das Budget klein oder gar nicht vorhanden ist, mit einem Handy zu arbeiten. Das ist bei Kunstlicht vielleicht schwierig, aber bei Tageslicht kann man da schon sehr viel machen. Die Handys der neueren Generation haben alle durchweg gute Kameras und die Mikrofone sind auch vernünftig. Man kann sich ein günstiges Ansteckmikro kaufen, die gibt es mittlerweile zu überschaubaren Kosten. Wenn man dann noch ein wenig Budget übrig hat, kann man in ein kleines Ringlicht investieren. Dann kann es auch schon losgehen. Zentral ist der Ton. Es ist schon wichtig, dass man sich nicht in einen total verhallten Raum setzt und dort das Video dreht. Viele Leute hören sich die Videos nur an und schauen sie sich nicht an. Entsprechend gut sollte der Ton sein. Alles andere kann man mit einem Handy ganz gut lösen.

Was ist Ihr Rat an Lehrer, um Youtube im Schulunterricht einzusetzen? Wie kann YouTube Lehrveranstaltungungen bereichern und wie sollte man YouTube besser nicht einsetzen?

Ich fange mal damit an, wie man YouTube nicht einsetzen sollte, nämlich so, wie man vielleicht früher als Lehrkraft den Fernsehwagen ins Klassenzimmer geschoben hat, wenn man, salopp gesagt, keine Lust auf Unterricht hatte. Dann hat man eine Videokassette eingelegt, sich in die letzte Reihe gesetzt und ein kleines Nickerchen gehalten. Ich spitze hier bewusst zu, aber tatsächlich habe ich das gelegentlich bei Lehrerinnen und Lehrern erlebt. Das fände ich den falschen Weg.
Gut fände ich, wenn man zum Beispiel Erklärvideos einsetzt und danach Arbeitsblätter austeilt, um zu prüfen, was alles hängen geblieben ist oder Videos analysieren lässt. Man könnte sich zum Beispiel mal ein Video von Sahra Wagenknecht im Unterricht anschauen und gucken, mit welchen Methoden arbeitet sie? Wie argumentiert sie und wie stichhaltig sind ihre Argumente überhaupt? Sinnvoll ist auch das Abspielen von Archivmaterial von YouTube. Man könnte im Geschichtsunterricht über eine Rede von Josef Goebbels sprechen, diese Rede dann auch auf YouTube angucken und anhand dessen verschiedene rhetorische Mittel analysieren. Da gibt es wirklich vielfältige Möglichkeiten. YouTube sollte kein Selbstzweck, sondern eine Ergänzung sein und den Unterricht sinnvoll bereichern. So ein Video kann auch mal ein Einstieg sein in ein Thema sein, ein Ausstieg oder etwas zum Rekapitulieren. Die Möglichkeiten sind wirklich breit gefächert.

Was würden Sie heute jemandem raten, der als EduTuber erfolgreich werden will?

Ich würde raten, sucht euch einen Bereich aus, der euch wirklich Spaß macht, für den ihr brennt, für den ihr Leidenschaft habt. Überlegt euch ganz genau, für wen ihr das macht. Verstellt euch nicht, seid authentisch. Wollt nicht zu viel, also denkt nicht, mit jedem Video müsse man die Welt komplett erklären, sondern sucht euch einzelne Aspekte heraus. Überlegt euch auch vorher “Kann ich überhaupt in Serie produzieren oder ist mein Bereich so speziell, dass ich nach fünf Videos keine Ideen mehr habe, was ich überhaupt machen kann?” Oder umgekehrt: “Ist es ein so unendliches Feld, dass es schwierig wird, irgendwo anzufangen?”, wobei letzteres noch praktikabler ist, als ersteres. Wichtig finde ich auch, nicht aufzugeben. Wenn es am Anfang nicht läuft, sollte man sich weiter ausprobieren, die Sachen auch Freunden zeigen und immer wieder daran arbeiten, dass die Videos so werden, wie man sich das vorstellt.

Manchmal wird ja das Ende von YouTube prophezeit. Wird YouTube Ihrer Meinung nach von anderen Konkurrenten überholt oder wird YouTube in Zukunft seinen Vorsprung als führende Videoplattform sogar noch weiter ausbauen können?

Ich glaube, YouTube hat deshalb nach wie vor Erfolg, weil es eine Plattform ist, die auf längere Erzählung setzt. Während TikTok oder Instagram mit sehr kurzen Videos arbeiten, die meistens auch gar nicht bis zum Ende geguckt werden, das zeigen die Statistiken, kann man auf YouTube auch mal ein 10- oder 20-Minuten-Video veröffentlichen. YouTube ist also mehr ein Streamingdienst, als eine Social-Media-Plattform, gleichzeitig aber trotzdem ein Soziales Netzwerk in Bezug auf Kommentare, Bewertungen und vieles mehr. Ich glaube, das macht die Stärke von YouTube aus. Dieses interaktive Moment auf der einen Seite, auf der anderen Seite aber dieses mediatheksähnliche, streamingdienstähnliche. Es gibt ja auch den Dienst YouTube Premium bei dem man dann noch richtige Serien und Filme zusätzlich bekommt. Deswegen wird YouTube auch weiterhin ein Thema sein, denn bestimmte Inhalte lassen sich nicht in drei Minuten bei Instagram oder Tiktok erzählen, gerade wenn es um Informationsvermittlung geht. Deshalb wird YouTube weiterhin einen Stellenwert haben. Man sollte aber schon gucken, dass man sich nicht zu sehr auf YouTube ausruht und mit der Zeit geht und das, was andere Plattformen erfolgreich machen, auch ein Stück weit adaptiert. YouTube tut dies ja inzwischen schon zum Beispiel mit den Shorts.

Was ist für Sie als Journalist das Tolle an YouTube im Vergleich zu anderen Medien, beispielsweise zum Fernsehen?

Das entscheidende ist für mich wirklich die Interaktion. Die Möglichkeit, ein Rücksignal durch das Publikum zu bekommen, direkt mit dem Publikum in Verbindung zu stehen, auf einer sehr nahbaren Ebene Inhalte vermitteln zu können und gleichzeitig immer wieder eine Evaluierung zu bekommen auch in Form der Analysedaten, die einem dabei helfen, die Inhalte noch mehr den Bedürfnissen der Zielgruppe anzupassen. Im Fernsehen hat man diese direkte Feedbackmöglichkeit in der Form nicht und da fehlt dann diese genaue Analyse. Natürlich kann man durch GFK-Daten und anderes eine Annäherung erreichen, aber auf YouTube ist das viel direkter und umfassender und gerade auch die Kommentarfunktion, die einem durch entsprechendes Feedback hilft, die Videos noch besser zu machen, ist für mich einer der großen Vorteile der Plattform. Wenngleich ich Fernsehen trotz allem ein extrem spannendes Medium finde und mich dort auch sehr wohl fühle.

Was war der angenehmste/unangenehmste Augenblick in Ihrer Karriere als EduTuber?

Der angenehmste Augenblick kommt immer wieder: Wenn mich Leute auf der Straße ansprechen und sagen: “Mensch, durch deine Videos habe ich etwas gelernt. Die helfen mir weiter im Unterricht, beim Studium oder ganz privat.” Das ist wirklich sehr schön.
Unangenehm ist, wenn mich Leute auf Dinge ansprechen, die Ihnen in den Videos aufgefallen sind: Ein Fleck auf dem T-Shirt oder Fehler. So etwas kommt leider vor, auch wenn ich versuche, es zu vermeiden. Es ist für mich schon immer wieder unangenehm, wenn ich auf so etwas hingewiesen werde, aber es ist auch gut, denn nur so kann man die Dinge dann auch korrigieren.

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